Zum Thema gibt es von Hans Magnus Enzensberger den Band „Hammerstein oder Der Eigensinn – Eine deutsche Geschichte“ von 2008, der hier unbedingt in Erinnerung gerufen werden soll – nicht ohne darauf zu verweisen, dass Rainald Goetz ihn bei Erscheinen in seinem damaligen Vanity-Fair-Blog „Klage“ ebenfalls angepriesen hat (wodurch ich überhaupt darauf gekommen bin, mir noch einmal ein Buch von Enzensberger zu kaufen). An der Geschichte des Generals und seiner Töchter, so Enzensberger im Postskriptum, ließen sich „auf kleinstem Raum alle entscheidenden Motive und Widersprüche des deutschen Ernstfalls wiederfinden“. Was keinesfalls übertrieben scheint.

Neben einer Zusammenschau unterschiedlichster, zum Teil bekannter, zum Teil erahnter Episoden aus den Katastrophen des 20. Jahrhunderts zwischen Berlin, Moskau und amerikanischem Exil erzählt das Buch vor allem vom Sinn des Eigensinns, von der Bedeutung des Beharrens auf der eigenen Überzeugung gegen den so genannten Geist der Zeit und von der Notwendigkeit des Nicht-Mitmachens; ob beim scheiternden General oder seinen Töchtern mit Hang zu Politik und Komintern. Hervorzuheben ist  vor allem auch der Eigensinn des Autors, der sich in seiner von historischen Materialien angeleiteten Erzählung, die von Totengesprächen und Abschweifungen durchdrungen ist, konsequent den gegebenen Genres entzieht und dennoch ein gut lesbares, dichtes Werk schafft: Faktographie nennt er sein Verfahren, das auf jeden Fall funktioniert. Mal was anderes als all die Bücher vom Heranwachsen in den 80ern und seinen Folgen (die ebenfalls ihre Berechtigung haben und demnächst gelobt werden müssen, zum Beispiel und vor allem: „Nachtleben“ von Mirco Buchwitz).

im wind

Auch widerständig: Mirjam Fischer, ohne Titel (Ausschnitt). (c) H. Heiland