Schatten der Vergangenheit, supersonisch: Der Sommer der alten (männlichen) Musikhelden. Von Nick Cave in der Waldbühne (GROSS … haben die Nazis die eigentlich extra für ihn, „THE SINGER“, entworfen? – Wohl eher nicht; aber am 14. Juli sah es fast so aus), über die Zombies beim Wassermusikfestival im HKW (erst erschreckend, dann bei der werkgetreuen Aufführung von ODESSEY AND ORACLE – aufgenommen 1967 in den Abbey Road Studios – aber zum Niederknien) bis zum – hauptsächlich – Frühwerk von Blumfeld im Festsaal Kreuzberg an diesem Wochenende.
Klar funktionert auch der Abend als Zeitmaschine. Katapultiert einen (mich) für Augenblicke zurück in kaum mehr erinnerte Zustände, Konstellationen und Begehren … aber eben nur für halbe Minuten. Dann interveniert mit unschöner Regelmäßigkeit der Rockstarschlagerclown, in den sich Jochen D transformiert hat; fordert, alle Hände zu sehen, will Saal-Licht, für übergriffige Publikumsbeschreibungen, kräht ein ums andere Mal „Ihr seid so NICE, Berlin!“ und verlangt, dass Refrains mitgesungen werden: lauter! „BERLIN, IHR KÖNNT MEHR!“. Mehr als nur bisschen ekelhaft.
Kleine Randbemerkung: Mit LÜGE LÜGE LÜGE- und LASSEN SICH FÜR DUMM VERKAUFEN-Slogans ist auch ein seinerzeit ehrenwerter Versuch in wütendem Protestgesang wie DIKTATUR DER ANGEPASSTEN heute kaum noch genügend gegen Aneignungen aus allen möglichen unappetitlichen politischen und weltanschaulichen Lagern abgesichert.
Im Herbst geht der weiße Altmännerreigen übrigens fröhlich weiter: neben Mudhoney (13.11. Festsaal) sind auch die Fehlfarben mit MONARCHIE UND ALLTAG ein weiteres Mal am Start. Am 26.10. im Heimathafen Neukölln.