Utopie und Stahlgewetter. Gestern ist Christian Krachts neuer Roman „Imperium“ erschienen – selbstverständlich begleitet von den obligatorischen feuilletonistischen Schlammschlachten zum Autor und seiner mindestens nihilistischen Haltung. Im Spiegel wird der eher schmächtige Weltenbummler von Georg Diez gar zum „Türsteher der rechten Gedanken“ stilisiert – was eine Solidarisierung namhafter Kollegen und einen offenen Brief an die Spiegel-Chefredaktion nach sich zieht, da man das Ende jeder literarischen Phantasie nahen fühlt. Jörg Magenau stuft das Buch im Tagesspiegel als über seinen Protagonisten in der Realgeschichte verankerten nicht unflotten parodistischen Abenteuer-Dampfer ein, „der die Wellen des Pazifiks durchpflügt, dort aber ganz bestimmt keinerlei Spuren hinterlassen wird“. Weil in seinem Zentrum nichts ist als Leere. Das zeichnete sich bereits im letzten Werk des Autors ab, in dem aus Versatzstücken seiner Totalitarismen eine recht beliebig anmutende alternative Geschichte des 20. Jahrhunderts konstruiert wurde, die in ihrem entschlackten Manierismus nirgendwohin führte. Und schon gar nicht an die erzählerische Wucht von „Faserland“ oder „1979“ anknüpfen konnte.
Dann doch lieber Alexander Kluges Fünftes Buch. Das kommt unaufgeregt daher und opulent, eine Sammlung von 402 Geschichten über das „Rumoren der verschluckten Welt“, über Durcheinander, Eigensinn, „die Unverwüstlichkeit von menschlicher Arbeit und von love politics“ – eben alles, was man in Betracht ziehen muss, wenn man sich mit der unsichtbaren Schrift verknüpfter Lebensläufe beschäftigt.