
Jim Crow, Apartheid und Vampire
Black Lives Matter! Unter Trump und seinem Regime wird der Slogan, der nach dem Tod George Floyds durch Polizeigewalt zu einer Protestwelle in den gesamten USA und über sie hinaus führte, erneut zur Verhandlungssache. Gab es ab 2020 Forderungen wie die, der Polizei als einer Institution, von der rassistische Gewalt in großem Umfang ausgeht, die Mittel zu kürzen, wird heute vor allem darüber diskutiert, Segregation, Obdachlosigkeit und Armut aus dem Stadtbild vor allem der Hauptstadt zu verbannen. Symbolträchtig wurde Mitte März bereits der ikonische Schriftzug in gelben Lettern, den die demokratische Bürgermeisterin Muriel Bowser im Zentrum der Sadt 2020 mitetabliert hatte, beseitigt. Noch immer nicht beseitig hingegen sind die rassistischen Strukturen und Einstellungen, die sich in der Geschichte der sogenannten freien Welt und des Westens weit zurückverfolgen lassen. Diese Woche erscheinen immerhin gleich zwei Filme in unseren Kinos, die aufs Thema nicht nur hinweisen, sondern es in je ganz eigener Art zu ihrem zentralen Gegenstand machen. Mehr lesen

Die Leere nach dem Razzle Dazzle
Die Schrecken der Welt, wie wir sie gerade erleben, haben ganz überwiegend männliche Urheber. Warum sich also nicht lieber mit Werken von und über Frauen beschäftigen? Nach Nicole Kidman in BABYGIRL und Demie Moore in THE SUBSTANCE versucht nun Pamela Anderson, neue Antworten auf Fragen von Alters- und Geschlechtsdiskiminierung zu geben. Das gerät unter der Regie von Gia Coppola allerdings zu wenig mehr denn einem melancholischen Abgesang auf ein verpfuschtes Leben. Mehr lesen

Für immer weg
Wie es sich anfühlt, wenn die Schrecken einer Diktaturen im Leben auch der glücklichen Teile einer Bevölkerung ankommen, ist in Walter Salles FÜR IMMER HIER zu besichtigen. Der hat zwar den falschen Oscar erhalten (bester internationaler Film statt beste Hauptdarstellerin); aber zur richtigen Zeit kommt er in jedem Fall. Und die Frage, ob Preise berechtigt vergeben werden, stellt sich bekanntlich in jedem Jahr aufs Neue. Mehr lesen

Niflheim Blues
Nach langer Wartezeit gibt es endlich Neues vom südkoreanischen Regie-Oscarpreisträger Bong Joon-ho. In der grotesken Science-Fiction-Komödie MICKEY 17 verdingt sich der von TWIGHLIGHT-Vampir Robert Pattinson gespielte Protagonist als Wegwerfarbeiter im All. Dank Bioarchivierung und Körperdruck kann er über den Tod hinaus als Arbeitskraft vernutzt und am nächsten Morgen wieder zurück in die Welt geplottet werden. Mit Anspielungen an real verrückte Verhältnisse und plakativer Kritik bietet MICKEY 17 skurrilen Humor und Slapstick, erreicht aber nicht die Klasse seines Vorläufers PARASITE. Mehr lesen

Drifting – alter weißer Mann ganz jung
Sich mit alten weißen Männern zu beschäftigen, ist mit ziemlicher Sicherheit das Letzte, wonach einem in dieser Woche ist. Aber so ist das. Die Berlinale ist vorbei, und im Kino startet, was seit Monaten dafür programmiert worden ist. Doch in diesem Fall wird der alte Mann von einem jungen mit ganz eigen brüchiger Stimme verkörpert. Will sagen, etwas Immersion, die einen Blick auf eine Welt erlaubt, die in entscheidenden Details noch anders aussehen durfte als unsere heute, kann durchaus etwas für sich haben. Mehr lesen

Vom Fliegen ohne Ziel
Andrea Arnolds neuer Film BIRD ist vor allem ein großes Lob des Dysfunktionalen. Und der Lebewesen in Zwischenräumen und ihrer Freundlichkeit. Darin schließt sie fast an Klaus Theweleit an, der am Abend vor dem Kinostart im Berliner ICI in Hinblick auf den Zustand der Welt alle Theorie in Bausch und Bogen verdammt – Habermas Beschäftigung mit Demokratie sei wohl ganz hübsch, habe aber mit Welten, in denen Menschen lebten, so gut wie nichts zu tun. Ähnliches gelte für Foucault und seine Theoretiesierung der Sexualität. Alles, was Wirkung entfalte, müsse grundsätzlich vom Körper her gedacht werden. Helfen kann letztlich nur die freundliche Überwindung von dessen Grenzen. Nicht ganz neu, aber immer wieder bedenkenswert. Doch zum Film … Mehr lesen

Der letzte Kampf
Um sich zu gruseln, braucht derzeit niemand extra ins Kino zu gehen. Seit Wochen reicht ein kurzer Blick ins Medium der Wahl, um sich über die neuesten Strategien zur Abschaffung von Maß und Vernunft zu informieren. Andererseits ist es noch immer die Aufgabe von Kunst und Film, die Verhältnisse, als wie schlecht empfunden auch immer, in lebendige, emotional nachvollziehbare Erzähungen zu verwandeln. Mit den Kämpfen starker Frauen, die aus dem Unglück, das allenthalben systemisch induziert wird, ausbrechen wollen, beschäftigt sich seine halbe Karriere lang der chilenische Regisseur Pablo Larraín. Nun hat er sich dem letzten Weg der Ikone Maria Callas gewidmet. Mehr lesen

Death of a Disco Dancer
2018 erschien im Spiegel ein Bericht des Journalisten und Autors Alexander Osang über den Tod einer Amerikanerin im Berghain. An dessen Ton und Haltung gab es einiges auszusetzen. Nun hat Osang für die ARD auf Grundlage des Reports eine Serie entwickelt. Sie nutzt den Fall, um ein komplexes Bild vom Zusammenhang von Utopien, Hedonismus, Stadtentwicklung, Kapitalinteressen, Politik und Medien zu entwerfen. Sehenswert. Mehr lesen

Verdunklung und Eskapismus
Da ist also auch Donald Trump wieder. In Amt und so genannten Würden. Seit gestern legt der nach eigener Einschätzung von Gott genau dafür erwählte MAGA-Präsident los. Das bietet wenig Grund zur Freude für den überwiegenden Rest der Welt. Aber im Raum der Kultur darf es nicht nur Anlass sein, Trübsal zu blasen. Wie wäre es stattdessen mit einem neuen Aufbruch in Richtung Protest, Subversion und Unfug? Eine Lektion in Eskapismus gibt es in KNEECAP von Rich Peppiatt über den gleichnamigen Belfast-HipHop-Act. Mehr lesen

Er ist wieder da
Zum Auftakt des Kinojahres 2025 kommt Robert Eggers’ Neuinterpretation von Friedrich Wilhelm Murnaus NOSFERATU, der Mutter allen Kinohorrors, auf die Leinwände der Welt. Der Film muss das Böse nicht zeigen, um das Grauen zu entfachen. NOSFERATU – DER UNTOTE führt in finsterste Bildlabyrinthe, ohne sich darin zu verlaufen. Mehr lesen