Dem Werk – oder wem auch immer – hilft ein bestimmter Schmerz vielleicht tatsächlich. Zumindest aber ein gewisses Maß an gemachten Erfahrungen, die mit einfließen und spür- oder sichtbar werden. Wie in Gesichtern, wenn sie nicht mehr ganz jung oder künstlich gestrafft und bearbeitet sind. (Zur Seite des Zugriffs ein andermal mehr …) Hier ist Porträt 2: Thore
Tel Aviv. Eine halbe Stunde später versank die Sonne im Meer und nach weiteren fünfzehn Minuten war es stockdunkel. Henning zog die Schuhe aus und lief die paar Schritte vor ans Wasser. Es war angenehm warm. Kurz überlegte er, ob er noch baden gehen sollte, entschied aber, dass das zu anstrengend war. Stattdessen setzte er sich vor eine der Strandbars mit ihren schick illuminierten Außenbereichen und trank zwei teure Bier. Zu beiden rauchte er je eine Zigarette. Dabei bemühte er sich, seinen Kopf nicht so sehr klar als vielmehr leer zu kriegen. Er wollte nur sitzen, den auffrischenden Wind auf der Haut spüren und nicht darüber nachdenken, wie sich sein Leben in den letzten Wochen entwickelt hatte oder warum oder was er unternehmen konnte. Als der Kellner, ein junger, gebräunter Surfer mit halblangem, sonnengebleichtem Haar kam, um sich zu erkundigen, ob er noch ein Gold Star bringen solle, sagte Henning, dass er zahlen wolle. Der Junge, der nicht viel zu tun hatte, da das Areal mehr oder weniger verlassen dalag, kassierte ihn ab, bedankte sich für sein Trinkgeld und blieb noch einen Moment bei ihm stehen. Er fragte, ob Henning aus Italien komme. Henning sah ihn an und sagte ja.
Feierabend in Tel Aviv.