Ein langer Sommer mit Rekordtemperaturen, Dürren und einem anhaltenden Krieg mit (vermutlich) wachsender Intensität liegt hinter uns. Antisemitische Zumutungen und schräg anmutende Aufarbeitungsversuche haben der documenta und den Feuilletondebatten die Kunst ausgetrieben. Europa insgesamt macht alles andere als bella figura. Und zur Verbesserung der Lage im Herbst und Winter hat zumindest die deutsche Politik kaum überzeugende Maßnahmen ergriffen. Dass eine gute Idee wie das 9-Euro-Ticket am liebsten gar nicht weiterverfolgt werden soll, spottet ebenso jeder Beschreibung wie der aktuelle, schlecht bei Metternichscher Geheimdiplomatie abgeschaute Politikstil des Kabinetts.
Wenigstens im Kino lassen sich die Härten von Wandel und Zufall aber immer noch mitreißend wehmütig abbilden. So das Ende einer Epoche in Carla Simóns verdientem Berlinale-Siegerfilm Alcarràs, der derzeit in den ökonomisch schwer gebeutelten Lichtspielhäusern der Republik läuft.
Ebenfalls eine unbedingte Empfehlung muss für Ryusuke Hamaguchis Das Glücksrad ausgesprochen werden. In drei Episoden nähert sich der Regisseur, der für Drive My Car im Frühjahr den Auslandsoscar gewonnen hat, der Macht des Unvorhergesehenen. Sie nährt sich weitgehend aus nicht bewusst gemachter Unzufriedenheit mit den eigenen amourösen Lebensumständen. Weitere Episoden sollen folgen.
Viel weniger unvorhergesehen als zumeist erwartet verlaufen hingegen Bahnreisen durch Europa. Nicht nur, dass diese äußerst angenehme Art der Fortbewegung das Gefühl für Dimensionen, Entfernungen und Landschaften schult. Kaum hat man das DB-Territorium hinter sich gelassen, lässt sich auch der Bewirtung im Speisewagen einiges abgewinnen!