Drifting – alter weißer Mann ganz jung

Sich mit alten weißen Männern zu beschäftigen, ist mit ziemlicher Sicherheit das Letzte, wonach einem in dieser Woche ist. Aber so ist das. Die Berlinale ist vorbei, und im Kino startet, was seit Monaten dafür programmiert worden ist. Doch in diesem Fall wird der alte Mann von einem jungen mit ganz eigen brüchiger Stimme verkörpert. Will sagen, etwas Immersion, die einen Blick auf eine Welt erlaubt, die in entscheidenden Details noch anders aussehen durfte als unsere heute, kann durchaus etwas für sich haben. Mehr lesen

Verdunklung und Eskapismus

Da ist also auch Donald Trump wieder. In Amt und so genannten Würden. Seit gestern legt der nach eigener Einschätzung von Gott genau dafür erwählte MAGA-Präsident los. Das bietet wenig Grund zur Freude für den überwiegenden Rest der Welt. Aber im Raum der Kultur darf es nicht nur Anlass sein, Trübsal zu blasen. Wie wäre es stattdessen mit einem neuen Aufbruch in Richtung Protest, Subversion und Unfug? Eine Lektion in Eskapismus gibt es in KNEECAP von Rich Peppiatt über den gleichnamigen Belfast-HipHop-Act. Mehr lesen

Im Licht der Wunderlampe

Mit seinem ersten abendfüllenden Spielfilm „Die Rückkehr des Filmvorführers“ schafft Orkhan Aghazadeh eine kunstvolle Parabel auf das Leben an den Rändern der technologisierten Welt. In den Bergen Aserbaidschans arbeitet ein ehemaliger Filmvorführer mit Hilfe seines filmbegeisterten Enkels daran, das Kino zurück ins Dorf zu holen und so ein doppeltes Comeback zu feiern. Außerdem neu angelaufen und zauberhaft wie aus 1001 Nacht: Sean Bakers Cannes-Gewinnerfilm „Anora“ Mehr lesen

Wintertext

Das Mobiltelefon im Anschlag stieg ich aus dem Dämmer der U-Bahn wieder in Kälte und Licht des schwindenden Tages auf, ein Sänger ohne Lied, den niemand nachfragte, und die jährlich winterlichen Großereignisse waren ohnehin einmal mehr durch und vergangen. Erneut streckte sich die Zeit konturlos wüst ins Land, dem Tod entgegen, nur der Himmel, das riesige Wunschmaschinendisplay, war von einem ideal zu nennenden Blaue Stunde Kinoblau. Schnee fiel keiner mehr. Mehr lesen

Das zweite Buch: Deniz Ohdes „Ich stelle mich schlafend“

Deniz Ohdes Erstling „Streulicht“ war das sprachlich starke Buch einer jungen Autorin, die sehr genaue Bilder für ihre Umwelt fand. Es erzählte die Geschichte einer Befreiung aus engen Verhältnissen durch Bildung. Über „Ich stelle mich schlafend“ sind die Rezensenten nun uneins. Dabei ist das Buch gerade in den Schmerzen, die es beim Lesen bereitet, eher noch stärker geworden. Mehr lesen

Die Romantik der Rocker

Mit dem Sons of Anarchy Motorcycle Club Redwood Original hat das Rockerwesen vor einiger Zeit auch hierzulande Einzug in Bewusstsein und Wohnzimmer gefunden. Nun liefert Regisseur Jeff Nichols, seit Jahren ein Chronist des ländlichen Amerika, sozugagen die Vorgeschichte. Bevor die Clubs als Organisatoren von Drogenhandel, Waffendeals und Prostitution in die Abgründe des organisierten Verbrechens abtauchten, zeichnet er ihre Anfänge als die einer eigensinnigen Subkultur mit eigener Ästhetik, eigenen Regeln und der Möglichkeit, denen Halt zu geben, die ansonsten aus allen Verhältnissen herausfielen. Mehr lesen